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Von: Nils Bothmann
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Alle Informationen zu den AWACS-Flugzeugen vom Typ Boeing E-3, die vom NATO-Stützpunkt Geilenkirchen in Deutschland starten
Köln –Im Ukraine-Krieg spielt das Luftraumüberwachungs- und -aufklärungssystem AWACS eine immer größere Rolle. Das Akronym steht für „Airborne Early Warning and Control System“, zu deutsch etwa: fliegendes Frühwarn- und Kontrollsystem. In
AWACS | Airborne Warning and Control System |
---|---|
Länge | 46,60 Meter |
Höhe | 13 Meter |
Flügelspanne | 44,40 Meter |
Höchstgeschwindigkeit | 858 km/h |
Reichweite | 9.250 Kilometer |
Flughöhe | 9.150 Meter |
Maximales Startgewicht | 147.418 Kilogramm |
Wie viele AWACS sind in Deutschland stationiert? (NATO Air Base Geilenkirchen)
Deutschland gibt es einen Stützpunkt, von dem aus die Luftaufklärer starten: Die NATO Air Base Geilenkirchen (Kreis Heinsberg). Dort sind insgesamt 14 AWACS-Flugzeuge stationiert, die in den Diensten des Verteidigungsbündnisses stehen.
Welche Aufgaben hat ein AWACS?
Ein AWACS-Flugzeug ist unter anderem dazu da, um Kampfjets wie den Tornado oder den Eurofighter bei ihren Missionen mit Luftraumüberwachung zu unterstützen. Andernfalls wären diese komplett auf die vorhandenen bodengestützten sowie die eigenen Bordsysteme angewiesen, was jedoch zwei Nachteile mit sich bringt: Zum einen lassen sich einige Ziele, vor allem tieffliegende Objekte, damit wesentlich schlechter erfassen, zum anderen können die Kampfflugzeuge dadurch dem Feind leichter ihren Standort verraten. In solchen Fällen dient der AWACS-Flieger gleichzeitig als Einsatzzentrale, von der aus die eigenen Einheiten koordiniert und angewiesen werden können.
Außerdem kommen AWACS-Flugzeuge auch in defensiver Funktion zum Einsatz. Dabei dienen sie vor allem Früherkennungvon Gefahren für die eigenen Einheiten und Stationen. Aus diesem Grunde werden sie im englischen Sprachgebrauch auch als AEW&C-Flugzeuge (Airborne Early Warning & Control) bezeichnet, was im Deutschen etwa „fliegendes Frühwarn- und Kontrollsystem“ bedeutet.
Früher wurden die Aufgaben der Vorwarnung und Früherkennung von Bodenstationen oder Schiffen übernommen, die allerdings den Nachteil hatten, dass sie einfacher von gegnerischen Einheiten angegriffen und ausgeschaltet werden konnten. Als mobile Einsatzzentrale mit erweiterter Sensorreichweite können die Boeing E-3 und andere AWACS-Flugzeuge möglichen Gegenangriffen wesentlich besser und schneller entgehen.
Was kostet ein AWACS-Flugzeug?
Bei den in Geilenkirchen stationierten AWACS-Flugzeugen handelt es sich um militärische Varianten des zivilen Flugzeugs Boeing 707-320, die den Namen Boeing E-3 Sentry oder nur Boeing E-3 tragen.
Hervorstechendes Merkmal der AWACS-Version ist das rundliche AN/APY-1-Suchradar, das an der Oberseite des Rumpfes angebracht ist. Die Flyaway-Kosten für eine Maschine lagen zum Anschaffungszeitpunkt zwischen 72,5 und 78 Millionen Dollar. Die NATO kaufte zwischen 1982 und 1985 insgesamt 18 Maschinen vom Typ Boeing E-3A. Dabei handelt es sich um die erste Serienversion der Sentry, mit TF33-Triebwerken und AN/APY-1-Radar.
Auch Nachrüstungen der vorhandenen Maschinen kosten stolze Summen: Eine Modernisierung der damals noch 17 Boeing E-3 im Rahmendes NATO-Mid-Term-Programms durch Boeing und EADS von 1997 bis 2008 schlug mit 1,6 Milliarden Dollar zu Buche. Eine Modernisierung der Avionik in den Cockpits der NATO-AWACS-Flotte, die 2014 begann und 2018 abgeschlossen wurde, durch Boeing kostete 250 Millionen Euro.
Was sind Flyaway-Kosten?
Bei den Flyaway-Kosten handelt es sich um eine Maßeinheit für die Kosten eines Flugzeugs, die gewissermaßen den Minimalwert veranschlagt. Dabei wird lediglich der Produktionsaufwand für eine einzige Maschine zugrunde gelegt, während andere Kosten herausgerechnet werden.
Bei den exkludierten Kosten handelt es sich beispielsweise um Forschungs- und Entwicklungskosten, die Kosten für zusätzliche Ausstattung oder zukünftige Ausgaben wie Wartungskosten. Den Flyaway-Kosten für eine Maschine steht der tatsächliche Anschaffungswert gegenüber, der dementsprechend höher liegt.
Da die Produktionszeit der Boeing 707 in der zivilen Variante 1982 endete, jene der militärischen Version 1992, müssen die alten Flugzeuge stets gewartet und geupdatet werden. Dies war bisher kostengünstiger, als neue Maschinen anzuschaffen. Jedoch gibt es Pläne, die Boeing E-3 bis 2035 durch neuere Maschinen zu ersetzen. Schließlich haben auch diese Flugzeuge nur eine begrenzte Lebenszeit. Auch der bis 1998 produzierte Tornado der Bundeswehr beispielsweise erreicht bald „sein Pensionsalter“ und soll durch F-35 ersetzt werden.
Wie hoch fliegt ein AWACS-Flugzeug?
Ein AWACS-Flugzeug operiert in der Regel auf einer Flughöhe von fast 10 Kilometer –9.150 Meter, um genau zu sein, wie die Bundeswehr auf ihrer Homepage angibt. Die Besatzung bei einem Flug von der NATO Airbase Geilenkirchen aus besteht in der Regel aus16 Soldaten verschiedener NATO-Staaten, die sich auf das sogenannte Flight Deck und das Mission Deck aufteilen. Die Bundeswehr stellt über ein Drittel des Personals.
Welche Reichweite hat das Radar eines AWACS-Flugzeugs?
Das Radar der Maschine dreht sich einmal alle zehn Sekunden und verschafft der Besatzung so eine 360-Grad-Übersicht. Nach Bundeswehrangaben kann ein AWACS-Flugzeug dabei Flugzeuge und Schiffe auf eine Entfernung von mehr als 215 Seemeilen (ca. 400 Kilometer) erkennen. „Bei der Einsatzhöhe von rund 9.000 Metern Höhe kann einAWACS-Aufklärer einen Überwachungsbereich von etwa 310.798 Quadratkilometern oder etwa der Größe Polens abdecken“, heißt es auf der Homepage der Bundeswehr. Damit können drei Flugzeuge des Typs theoretisch ganz Mitteleuropa überwachen, wenn deren Flugbahnen richtig aufeinander abgestimmt sind.
Seit wann werden AWACS-Flugzeuge eingesetzt?
In den 1930ern wurden von der britischen Royal Air Force bereits erste Prototypen für luftgestützte Radarsysteme entwickelt, die während des Zweiten Weltkriegs eingesetzt wurden, beispielsweise „Air Controlled Interception“. Den entscheidenden Impuls zur Entwicklung von AWACS-Flugzeugen gab jedoch die US Navy. Diese setzte bis 1944 schiffsgestützte Radarsysteme zur Luftraumüberwachung ein, die jedoch eine geringe Vorwarnzeit hatten und bei Angriffen oft schwere Verluste hinnehmen mussten. Im Februar 1944 wurde das MIT mit der Entwicklung eines luftgestützten Radarsystems beauftragt, mit dem Titel „Project Cadillac I“. Bereits im August jenes Jahres wurde mit dem Grumman TBM-3W das erste Frühwarnflugzeug fertig, im März 1945 wurden 27 davon in den Dienst der amerikanischen Streitkräfte aufgenommen, jedoch nicht mehr im Zweiten Weltkrieg eingesetzt. Diese Frühwarnflugzeuge, ähnlich wie die Nachfolgevarianten Douglas AD Skyraider, Grumman WF-2 Tracer und Grumman E-2 Hawkeye, waren flugzeugträgergestützt.
Im gleichen Jahr wie „Project Cadillac I“ wurde auch das „Project Cadillac II“ in Auftrag gegeben. Dabei handelt es sich um die Entwicklung landgestützter Trägerflugzeuge für Radarsysteme. 1946 flog das erste AWACS-Flugzeug: Die PB-1W Fortress, die auf Basis des Bombers Boeing B-17 Flying Fortress gebaut wurde. Für das Nachfolgemodell, die Lockheed WV-2 Warning Star, erhielt der US-amerikanische Hersteller Lockheed Martin den Zuschlag, die nächste Generation wurde erneut von Boeing gebaut. Auch die US-Streitkräfte kauften nämlich Boeing E-3 als AWACS-Flugzeug ein. Dabei handelte es sich den Typ Boeing E-A3, den auch die NATO nutzt. Die US Air Force schaffte zwischen 1977 und 1981 insgesamt 22 Flugzeuge des Typs an.
Auch andere Nationen setzten entsprechende Radarflugzeuge ein. In Großbritannien wurden von 1954 bis 1960 amerikanische Maschinen vom Typ Douglas AD-4W Skyraider unter dem Namen Skyraider AEW.1 genutzt, ehe man diese durch die einheimische Fairy Gannet AEW.3 ersetzte, die das gleiche Radarsystem verwendete. Nachdem die britischen Flugzeugträger nach und nach außer Dienst gestellt wurden, rüstete die Royal Air Force auf die Shackleton AEW.2 um. Als diese ersetzt werden sollte, wurde 1974 der Auftrag für das Nachfolgeflugzeug Nimrod AEW3 erteilt, jedoch nach Entwicklungsverzögerungen wieder gecancelt. Stattdessen schafften die britischen Streitkräfte ebenfalls AWACS-Flugzeuge vom Typ Boeing E-3 in der Variante E-3D an, insgesamt sieben Stück. Diese auch als Sentry AEW.1 bezeichneten Maschinen unterscheiden sich in der Bauart etwas von den Boeing E-3A, etwa durch die Verwendung von CFM56-Triebwerken.
Auch jenseits des Eisernen Vorhangs wurde in den 1960ern ein AWACS-Flugzeug entwickelt, die Tupolew Tu-126. Dieses wurde 1965 in den Dienst der sowjetischen Luftstreitkräfte gestellt, hatte jedoch mit technischen Problemen zu kämpfen: Die Doppelpropeller der vier Turboprop-Triebwerke störten die Radarsignale, da sie Interferenzen auf den Radarschirmen verursachten. Insgesamt wurden nur acht Flugzeuge und ein Prototyp der Tupolew Tu-126 gebaut. Nachfolger wurde die Berijew A-50 Schmel, die in 1984 in Serienproduktion ging und in den Dienst gestellt wurde. Etwa 40 Flugzeuge dieses Typs wurden gebaut. Das heutige Russland will die Maschinen durch einen angedachten Nachfolger namens Berijew A-100 ersetzen, von dem es bisher lediglich zwei Prototypen gibt, von denen der erste am 18. November 2017 seinen Jungfernflug hatte. 2026 sollte das russische AWACS-Flugzeug regulär in die Streitkräfte aufgenommen werden; laut „The Drive“ sollen die Sanktionen gegen Russland das Projekt jedoch verzögern. (nbo)Mehr News auf der24RHEIN-Homepage.